In Chemnitz ist der Lynchmob aktiviert: „Für jeden toten Deutschen töten wir einen Ausländer“, heißt es in einem Youtube-Video, das die rassistische Menschenjagd vom Sonntagabend dokumentiert. Alexander Gauland (AfD) hat auf seiner Flöte gespielt. Sein „Wir werden sie jagen“ wird in die Tat umgesetzt und Gaulands Kollege Markus Frohnmeier (AfD, MdB) ruft zur Selbstjustiz auf.
Die Bundesregierung verurteilt die Gewalttaten, lässt sie ihren Pressesprecher verlautbaren. Ihr Heimatminister Seehofer kündigt unterdessen einen neuen Flüchtlingsdeal mit Italien an und lobt die 500 neuen Grenzpolizisten die sein bayrisches „Heimatland schützen“. Wasser auf die Mühlen derer, die sich durch die Straßen von Chemnitz randalieren. Dem Freistaat Sachsen bietet Seehofer dann noch polizeiliche Verstärkung von der Bundesebene an. Ein Hohn. War es nicht Horst Seehofer, der sich in den vergangenen Wochen fast täglich auf der rassistischen Klaviatur in die Schlagzeilen spielte?
Rechte Schützenhilfe gibt es auch von der europäischen Ebene. War das Behindern von Schiffen zur Seenotrettung 2017 noch ein unerfolgreiches PR-Projekt der extrem rechten Identitären Bewegung, so ist genau dies 2018 die offizielle politische Linie der EU-Staaten: Schiffe wie das der Seenotrettungsorganisation SeaWatch werden am Aus- und Einlaufen gehindert. Die europäischen Außengrenzen werden derweil immer weiter auf den afrikanischen Kontinent outgesourced. Tausende werden an der Flucht gehindert. 1500 Menschen sind bereits in diesem Jahr ertrinken gelassen worden. Die Toten in den Wüsten bleiben ungezählt. Es ist die endgültige Aufgabe dessen, was sich einst Asylrecht nannte. Ist es das, was die AfD meint, wenn sie von jagen spricht? Wahrscheinlich schon.
Chemnitz hat uns in den letzten Tagen eins gelehrt: wir müssen dagegenhalten. Auch wenn es rassistische Gewalt, Jagdszenen gegen Linke, Homosexuellen und Migrant*innen nicht erst seit Montag und nicht nur in Chemnitz gibt. Wir müssen jetzt in Chemnitz, in Sachsen und bundesweit etwas wichtiges mit Leben füllen: Antifaschistischer Widerstand ist jetzt unsere Pflicht. Erinnern wir uns an den Schwur von Buchenwald: „Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ Machen wir uns auf nach Chemnitz. Und senden wir damit ein Signal der Solidarität an diejenigen, die vor Ort leben und nicht einknicken, die sich nicht unterkriegen lassen, die nicht wackeln. Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!
Kommt aus dem Grund am Samstag, den 1. September 2018 mit uns nach Chemnitz. Wir treffen uns um 13 Uhr am Hauptbahnhof Halle (Saale) und fahren um 13:15 mit der S5X nach Leipzig um uns dem dortigen Zugtreffpunkt anzuschließen. In Chemnitz werden wir uns an der Kundgebung von “Chemnitz Nazifrei” beteiligen.