Zur Dokumentation: Unsere Rede zum 1.Mai

Join the Resistance – Gegen Nazis und den kapitalistischen Alltag – Für eine solidarische Perspektive

Wir leisten heute Widerstand gegen den Aufmarsch der Nazis. Das Zusammenkommen gewaltbereiter Faschistinnen und Faschisten ist aber nicht nur unerfreulich und gefährlich, sondern auch Ausdruck der weiterhin in Richtung Eskalation strebenden gesellschaftlichen und politischen Lage: In den letzten Jahren wurde kein ernsthafter Versuch unternommen, eine bundesweite Demo dieser Art in Halle durchzuführen. Und nun wollen die “Antikapitalistischen Kollektive”, “Die Rechte” sowie Autonome Nationalist*innen und andere Gewalttäter*innen durch die Stadt marschieren.

Dass die Nazis ihre Ideologie das erste Mal seit Jahren wieder hier in Halle auf die Straßen tragen wollen, hat allerdings eine gewisse Konsequenz. In dieser Stadt wird deutlich, wie sich rechte Bewegungen aufbauen und versuchen, ihre Ideologie umzusetzen. Während die bundesweite Öffentlichkeit vorwiegend auf Neo-Faschisten wie Björn Höcke in Thüringen oder das organisierte Staatsversagen in Sachsen schaut, hat sich Halle zu einem Versuchslabor der Neuen Rechten entwickelt.

Auf den sogenannten Montagsmahnwachen treffen sich Verschwörungstheoretiker*innen, besonders besorgte Bürger*innen, ehemalige und aktuelle Neonazis und Kameradschaften mit Akteur*innen des rechten Parteienspektrums. “Bereichert” wird diese Mischung hier vor Ort durch gewaltbereite “Identitäre”, rechte Burschenschaften, durch das nahegelegene Institut für Staatspolitik, um deren Vordenker Götz Kubitschek sowie eine in der Region sehr starke AfD.

All diese Gruppen vereinen zwei zentrale Elemente rechter Ideologie: Untergangsbeschwörung und Bedrohungsfantasie. Diese Elemente finden sich bei den heutigen Nazis, die sich vermeintlich “gegen Kapitalismus, Ausbeutung und Überfremdung” richten und ihren eigenen – einen völkischen, “Antikapitalismus” predigen.

Die Logik dahinter ist mehr als simpel: Der Kapitalismus ist bei ihnen “ein Krebsgeschwür”, welches den Planeten befallen hat und nun den Arbeiter “entwurzelt”, zur Migration treibt und dabei aus seinem heimatlichen, nationalen und familiären Kollektiv drängt. In dieser Ideologie sehnt man sich eine Volksgemeinschaft herbei, die sich den angeblich verräterischen Profiteur*innen des verhassten Systems entledigt und die vermeintlich “richtige Ordnung” wieder herstellt.

Dass diese Vorstellung zutiefst menschenfeindlich und irrational ist, sollte spätestens dann klar sein, wenn man die angebotenen Lösungen und Forderungen betrachtet: Ausländer raus, Vernichtung der “Volksverräter”, Arbeitszwang. Diese Motive finden sich auch in den erfolgreicheren Teilen der Neuen Rechten wieder. Egal ob bei der AfD, Pegida oder den Identitären: Die Verknüpfung von sozialen Problemen und vermeintlichen “Lösungen” – die in erster Linie eins sind –  und zwar rassistisch – wird bewusst betrieben.

Je geringer die soziale Sicherheit und je schärfer die Konkurrenz, desto naheliegender scheint die Flucht in die Volksgemeinschaft.

Der zunehmende Erfolg dieser Ideologien und ihrer Träger*innen trifft in der Gesellschaft auf offene Arme.

Der AfD-Wähler und die Pegida-Anhängerin werden ernst genommen und zum Dialog gebeten, während soziale Probleme der Ignoranz zum Opfer fallen. Die Aneignung rassistischer Positionen findet sich in allen Parteien: Die reaktionärsten Kräfte der CDU/CSU werden wieder salonfähig, die Sozialdemokrat*innen höhlen das Asylrecht immer weiter aus.


Diese Parteien bieten ihren Wähler*innen damit leider das Einzige an, was von ihnen zu erwarten ist. Nach Jahrzehnten neoliberaler Umgestaltung und Austeritätspolitik gibt es dort anscheinend weder den Willen, noch die Möglichkeit, auf soziale Fragen zu antworten.

Deshalb gehen wir heute  auf die Straße.

Nicht für die “gute Mitte” und ihre Institutionen, welche meinen in einer vermeintlich heilen Welt an der Saale zu leben, wäre da nicht dieses lästige Naziproblem.   Wir möchten den heutigen Tag nutzen, um dafür zu mobilisieren, sich mit aller Kraft für eine solidarische Perspektive einzusetzen, die den rechten Kräften wirkungsvoll den Boden entziehen kann.

Von den Menschen aber, die sich dafür entscheiden, ihr eventuell berechtigtes Krisenempfinden und ihre Wut in Undinge wie  Menschenhass, Verachtung und schließlich Gewalt übergehen zu lassen, können wir uns aber nur bedingungslos distanzieren.
Es braucht eine Welt ohne Ausgrenzung, Ausbeutung und Unterdrückung um die Fluchtursachen ins Nationale zu beseitigen.

Deshalb kämpfen wir dafür, diese Welt zu verändern! Wir setzen sowohl dem Nazi-Terror, als auch dem allgemeinen Elend eine solidarische Perspektive entgegen und verteidigen unsere Errungenschaften gegen die Reaktionäre.

Wir stehen an der Seite derjenigen, die Abschiebungen verhindern, sich dem alltäglichen Rassismus entgegenstellen, Geflüchteten medizinische Versorgung ermöglichen, sich städtische Freiräume erkämpfen, die täglichen Auseinandersetzungen der Lohnarbeit führen, die gegen sexualisierte Gewalt vorgehen und derjenigen, die auch abseits von Demos die Auseinandersetzung mit Menschenfeind*innen suchen.

Leisten wir heute gemeinsam Widerstand gegen den Nazi-Aufmarsch! Wir setzen rechter Hetze und bürgerlicher Unterdrückung unsere grenzenlose Solidarität entgegen! Lasst uns  Widerstand leisten gegen den Status Quo und für das gute Leben kämpfen!